Kommentar zu den neuesten »Massenprotesten« in Deutschland

Von Sören Strahl
»Wir sind das Volk« – hoffentlich nicht!
In den letzten Monaten dieses Jahres ist das Phänomen »PEGIDA« (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) vermehrt Gegenstand medialer Berichterstattung geworden. Gerade die regelmäßigen Demonstrationen in Dresden werfen derzeit die Frage auf, ob die Gesellschaft in Deutschland allgemein nach rechts driftet. PEGIDA sieht sich dabei selbst als Bewegung, die in der Mitte der Gesellschaft ihren Ursprung hat. Diese Argumentation kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass einige Initiatoren und Sympathisanten sehr wahrscheinlich der rechten Szene entstammen.

Der Name »PEGIDA« ist unterdessen reiner Etikettenschwindel: Ein europäisches Nationalgefühl, das hier scheinbar in den Vordergrund gestellt wird, ist bis heute nichts als bloße Fiktion. Man könnte auch sagen, der Bezug zu Europa dient nur der Verschleierung deutsch-nationalistischer Interessen. Absurd wirkt indes die von PEGIDA inflationär genutzte Phrase »Wir sind das Volk«, die eigentlich berühmt geworden ist durch die Forderung nach einer offenen Gesellschaft seitens der unterdrückten DDR-Bevölkerung – eine Forderung, die absolut nichts mit den Zielen von PEGIDA gemein hat.

Nur Rechtsextremisten?
Grundsätzlich ist die Nutzung des Versammlungsrechts für eine pluralistische, demokratische Gesellschaft unabdingbar. Aus diesem Grund muss man sich mit den Menschen, die sich von PEGIDA mitreißen lassen, differenziert auseinandersetzen. Vieles spricht jedoch dafür, dass sich auf diesen Demonstrationen rechtsorientierte Aktivisten nicht unerheblich in Szene setzen.

Mittlerweile muss man aber der Tatsache ins Auge sehen, dass nicht nur rechte Extremisten an PEGIDA beteiligt sind, sondern auch von Zukunftsängsten geplagte Mitbürger aus allen Schichten. Das Verhalten dieser Menschen ist das Symptom einer über Jahre gepflegten Politikverdrossenheit – an sich ein Ausdruck des Gefühls, von der Politik im Stich gelassen worden zu sein, ein Gefühl, sich nicht mit der heutigen Politik identifizieren zu können.

Die Kritik trifft zu Recht deutsche Politiker – die deutschen Medien müssen sich aber demselben Vorwurf stellen: Beide haben es versäumt, die Anliegen und Probleme der frustrierten Demonstranten angemessen zu formulieren. Mehr noch neigen Politik und Medien dazu, bestimmte Meinungen reflexartig als rechtes Gedankengut abzutun, ohne eine inhaltliche Auseinandersetzung zu betreiben, die diese Ideen als Unsinn entlarvt. So ist es kein Wunder, dass sich viele missverstanden und in ihrer Interessenvertretung abgekanzelt fühlen.

Politische Mitarbeit ist gefordert
Dieses Problem zeigt, dass politische Partizipation leider oft bei der Stimmabgabe endet (oder vollends ausbleibt). Hingegen sollte die Aufgabe der demokratischen Parteien vielmehr sein, die Bürger kontinuierlich zur aktiven Mitarbeit zu animieren – beispielsweise durch Bürgersprechstunden und Informationsveranstaltungen, in denen ein offener Diskurs möglich ist.

Ein frühes politisches Engagement, wie es in der Jungen Union gang und gäbe ist, kann überdies als Chance gesehen werden, politische Entscheidungsprozesse nachvollziehen zu können. Die Arbeit in der JU erlaubt einen differenzierten Blick auf die gegenwärtigen politischen Probleme – man wird sich schnell bewusst, dass es keine Patentlösungen gibt.

In diesem Sinne sind die PEGIDA-Demonstranten aufgefordert, ihren Teil zu leisten und ihre inhaltlichen Punkte frei von jeglicher Polemik an die Politik und die Medien heranzutragen. Hierbei sollte den PEGIDA-Aktivisten stets bewusst sein, dass sie erst dann das Recht haben, von der Politik ernst genommen zu werden, wenn sie sich von allen extremistischen Ideologien distanzieren.

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